Home ] Gründung ] Veranstaltungen ] Presse ] Fest- und Gedenktage ] Lexikon ] Links ] Impressum ]

 

Pessach

Zu Pessach wird jede feiernde Generation mit der ersten vereint und mit allen, die ihr folgten. Wie bei jenem ersten Pessach die Familien sich zu einem lebendigen Volk vereinten, so vereinen sich in der Pessachnacht die Generationen unseres Volkes Jahr um Jahr.

Martin Buber

Mehr über Buber


Pessach ist eines der ältesten jüdischen Feste. Seine Ursprünge sollen auf die Zeit zurückgehen, da die Hebräer noch als Halbnomaden lebten, möglicherweise in einer Zeit früher als der Exodus selbst; denn Mose bat Pharao um Erlaubnis, mit dem ganzen Volk drei Tage lang das Fest in der Wüste zu feiern (Exodus 5:1). Vergleichbare Frühlingsfeste sind bei den semitischen Nomaden bekannt. [….]

Wie auch immer die archaische Gestalt der Feste gewesen sein mag, die hebräische Überlieferung führt beide Feste auf den Auszug Israels aus Ägypten zurück.

In Exodus 12:I-28 wird vom ersten Pessach berichtet: Jedes Vaterhaus hatte ein Schaf- oder Ziegenlamm zu schlachten, unzerlegt im Feuer zu braten, mit Mazzot und Bitterkräutern noch am selben Abend zu essen und mit dem Blut des geschlachteten Lamms beide Türpfosten und die obere Schwelle des Eingangs zu bestreichen, damit die Häuser derer, die an den Einen Gott glaubten, gekennzeichnet waren. Denn in jener Nacht wurden alle Erstgeborenen in Ägypten getötet, doch an den gezeichneten Häusern ging der maschchit, »Vernichter«, vorbei (die letzte der zehn Plagen). Man aß in großer Hast, die Hüften gegürtet, die Schuhe an den Füßen und mit dem Stab in der Hand. Denn in derselben Nacht wurde der Erniedrigung ein Ende gesetzt; man brach auf in die Freiheit, in ein neues Leben der Würde. Der Hast gedenkend, sollten Mazzot an weiteren sieben Tagen gegessen werden, als das Brot der Armut, das vor dem Auszug gebacken wurde (Deuteronomium 16: 3) .

Diese Festlegende von »Pessach Mizrajim«, »Pessach in Ägypten«, schuf die Gestalt des Festes für alle nachkommenden Generationen, »Pessach dorot«. Sie ist charakteristisch für die Beziehung zwischen dem Volk und seinem Gott, die auf die historische Nähe, auf die erlösenden Eingriffe Gottes in die Geschichte seines Volkes gründet. Wenn Pessach semitischen und Chag ha-mazzot kanaanitischen Ursprungs waren, so machte die hebräische Aneignung sie zu Festen der erinnerten Erlösung. Die Wiederholung der überlieferten Riten Jahr für Jahr wurde geboten, um der Befreiung aus Ägypten, die eine neue Volksgemeinschaft begründet hatte, zu gedenken und um die Jüngeren heranzubilden:

Und wenn eure Söhne zu euch sagen werden: Was ist dieser Dienst für euch? So sagt: Ein Pessach-Opfer ist es dem Einigen, der an den Häusern der Kinder Israel in Ägypten vorüberging, als er Ägypten schlug und unsere Häuser errettete ... (Exodus 12: 26-27) [….]

Als der Tempel zerstört war, konnte das Pessachmahl nicht mehr stattfinden, da das Opferritual eingestellt werden mußte. Das Fest konnte nicht mehr zentral im Tempel gefeiert werden und nahm wieder häusliche Gestalt an. Die Zerstörung des Tempels machte das alte Thema des Festes wieder aktuell, da sich das Volk nun mehr denn je nach Erlösung sehnte. Die erinnerte Erlösung stärkte die Hoffnung auf die ersehnte künftige Erlösung. Das Festmahl war nicht mehr das Zentrum des Abends, sondern die an Bedeutung zunehmende Liturgie, deren Kern bereits feststand: Um den Tisch als freie Menschen, also bequem, »hingelehnt« sitzend (ursprünglich lagernd), wurden die Unterdrückung in Ägypten und die wunderbare Befreiung nacherlebt, in verteilten Rollen erzählt und erläutert, später in einigen Gemeinden sogar nachgespielt.

Nach der Zerstörung des Tempels änderte sich die Reihenfolge der Zeremonie: die erweiterte Haggadah wurde an den Anfang, das Festmahl ans Ende der Tischordnung gestellt. Sie beginnt nach dem Qiddusch mit einer aramäischen Einleitung, die kurz nach der Tempelzerstörung in Babylonien entstanden sein soll und somit zum ältesten Bestand der Haggadah gehört. Sie fordert die Armen zur Teilnahme am Sseder auf und betont die beständige Hoffnung auf politische Unabhängigkeit:

Dies ist das Brot der Armut, das unsere Väter in Agypten gegessen haben. Wer hungrig ist, komme und halte, wer bedürftig ist, komme und feiere Pessach. In diesem Jahr hier, im kommenden Jahr im Lande Israel, in diesem Jahr Knechte, im kommenden Jahr freie Menschen. (Haggadah)

Die Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten beim Pessach-Mahl stärkte das Gefühl der historischen Kontinuität und des gemeinsamen Schicksals aller Generationen und prägte das Bild der künftigen Erlösung.

Aus dem Festmahl wurde eine rituelle Zeremonie, in der jeder Bestandteil nicht wie gewöhnlich gegessen wurde, sondern eine stellvertretende Rolle erhielt, zum Symbol wurde.

Aus: Efrat Gal-Ed, Das Buch der jüdischen Jahresfeste, Frankfurt 2001, s. 38, s. 40 f. S. 42 f.

 

Kommentar?

 

 

Home ] Gründung ] Veranstaltungen ] Presse ] Fest- und Gedenktage ] Lexikon ] Links ] Impressum ]